Was ist zu tun, wenn ein Angehöriger Demenz hat?

Bis Demenz als Krankheit hinter einem neuen und ungewöhnlichen Verhalten erkannt wird, haben sowohl Angehörige als auch die betroffene Person bereits schwierige Zeiten hinter sich. Genauso schleichend wie die Demenz beginnt, nehmen auch Vergesslichkeit und Verwirrung zu. Deshalb kommt eine Diagnose oft einer Erleichterung gleich, denn sie liefert die Erklärung für ein Verhalten, das dem Menschen, den man bis dato anders kannte, nicht ähnlich sieht. Auch wenn mit einer Diagnose das Verständnis für den erkrankten Angehörigen wächst und ein erster Schritt getan ist, bringt die Betreuung eines an Demenz erkrankten Menschen eine echte Herausforderung mit sich. Groß ist die Gefahr, durch anhaltende Überforderung während der Betreuung selber krank zu werden. Deshalb gilt es, viele Dinge frühzeitig zu beachten und vorausschauend die Unterstützung für alle Betroffenen (Patient und Angehörige) zu planen. In diesem Artikel finden Sie viele Informationen zur Orientierung und Unterstützung.

 

Was ist Demenz?

Der Begriff Demenz beschreibt keine spezifische Erkrankung. Demenz ist vielmehr ein Überbegriff für

Symptome, die bei massiver Verminderung des Denk- und Orientierungsvermögens auftreten. Ausgelöst wird die Demenz durch eine Schädigung der Gehirnzellen. Die Schädigung ist meist dauerhaft und verschlechtert sich im Laufe der Zeit. Sie kann unterschiedliche Regionen des Gehirns betreffen und wird je nach Ort und Art mit verschiedenen Krankheiten in Verbindung gebracht.

Zu den Demenz-Erkrankungen zählt allen voran die Alzheimer-Krankheit, die bei weitem deren häufigste Ursache ist. Danach folgen die vaskuläre Demenz, die seltenere frontotemporale Demenz, die Lewy-Körperchen-Demenz und andere Demenzformen.

Symptome, die sich am Anfang vieler Demenzformen zeigen, sind zunehmende Vergesslichkeit und Konzentrationsprobleme. Die Patienten verlegen häufig Gegenstände, manchmal an völlig unpassenden Orten und können Handlungsabläufe im Nachhinein nicht mehr nachvollziehen. Sie haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und verlieren teils auch die Orientierung. In Gesprächen fallen ihnen gängige Begriffe nicht mehr ein, was eine Konversation erschweren kann. Im fortschreitenden Stadium betrifft die Vergesslichkeit auch immer mehr das Langzeitgedächtnis, so schwer sogar, dass die Patienten nahestehende Angehörige mitunter nicht mehr erkennen können. Zudem zeigen sich immer mehr Symptome auf körperlicher Ebene, wie Gangstörungen, zwanghaftes Lachen oder Weinen, Sprachstörungen oder Probleme mit der Harnentleerung. Es können sich ebenfalls Veränderungen in der Persönlichkeitsstruktur zeigen, was vor allem für die frontotemporale Demenz typisch ist.

 

Was bedeutet das für die Angehörigen und die Patienten?

Da Demenzerkrankungen sehr unterschiedlich verlaufen, sind auch die Verhaltensweisen und somit die Bedürfnisse an die Betreuung individuell verschieden. Die Symptome nehmen im Allgemeinen im fortschreitenden Verlauf der Krankheit zu und erfordern eine stetige Anpassung von Betreuung und Pflege. Mit steigendem Betreuungsbedürfnis wird empfohlen, sich Unterstützung von einem professionellen Pflegedienst zu holen sowie dass pflegende Angehörige die eine oder andere Schulung absolvieren.

Fast am wichtigsten sind aber eine frühzeitige Absprache und eine Anpassung der Bedürfnisse aller Beteiligten – unter Einbezug des behandelnden Arztes.

Bei einer leichten Demenz zu Beginn der Krankheit wird der Alltag zwar beeinflusst, trotzdem benötigen die Betroffenen nur wenig Hilfe. Körperlich sind sie meistens noch fit, doch sie verlieren z. B. mal die Orientierung oder verlegen immer wieder Gegenstände. Komplexere Aufgaben, wie z. B. ein Formular ausfüllen, für mehrere Personen eine Mahlzeit zubereiten oder die Reifen am Fahrzeug wechseln, können sie nicht mehr alleine meistern, weshalb sie solche Situationen zunehmend meiden. Sie versuchen diese ersten bemerkbaren Defizite aus Scham, Wut oder Trauer zu vertuschen, denn der Verlust dieser Fähigkeiten ist ihnen in diesem Stadium sehr wohl bewusst. Dabei erweist sich gerade eine frühzeitige nicht medikamentöse Therapie (z. B. spezielle Gruppentherapie für Demenzkranke oder gar Psychotherapie) für den weiteren Verlauf als sehr günstig.

Bei einer schweren Demenz im Endstadium der Krankheit können die Patienten praktisch nichts mehr alleine machen. Schon einfachste alltägliche Handlungen, wie z. B. die Schuhe an den jeweils richtigen Fuß anziehen, stellen sie vor unüberwindbare Herausforderungen. Sie vergessen allmählich ihren gesamten Lebenslauf und erkennen auch ihre Nächsten immer weniger. Sie leiden unter der Unfähigkeit, sich verbal auszudrücken und werden deshalb zum Teil aggressiv. Sie verlieren allmählich die Gehfähigkeit (werden bettlägerig) und leiden an Inkontinenz. In diesem Stadium benötigen sie umfangreiche professionelle Betreuung und Pflege.

 

Wie muss der Patient betreut werden?

Gut zwei Drittel der Patienten werden zu Hause von den Angehörigen gepflegt und versorgt. Die Betreuung einer an Demenz erkranken Person zu übernehmen, ist jedoch eine schwere und verantwortungsvolle Aufgabe, die sich in der Regel über viele Jahre erstreckt. Der Alltag mit einem Demenzkranken stellt die Pflegekraft täglich vor neue Probleme, die nicht vorhersehbar sind. Dies kann besonders für nicht ausgebildete Pfleger zu einer regelrechten Achterbahn der Gefühle ausarten und damit sowohl das Wohlbefinden des Demenzkranken als auch das des pflegenden Angehörigen belasten.

Eine solche Situation kann z. B. auftauchen, wenn an Demenz leidende Patienten glauben, von ihrem Angehörigen bestohlen worden zu sein, was teils auch mit heftigen Anschuldigungen einhergeht. Dabei haben sie den Gegenstand, z. B. die Handcreme, nur wieder einmal verlegt. Es kann schwierig für die Angehörigen sein, diese Anschuldigungen zu ertragen und gleichzeitig weiterhin rücksichtsvoll zu bleiben. Denn kaum ist der Gegenstand wieder aufgetaucht und Frieden eingekehrt, will die demenzkranke Person in Pantoffeln die Wohnung verlassen, um einkaufen zu gehen – für den längst verstorbenen Ehepartner. Die Angehörigen werden sogleich vor die Herausforderung gestellt, ob sie in einer solchen Situation die Wahrheit erklären sollen oder den Betroffenen doch lieber im Glauben lassen, die verstorbene Person sei immer noch lebendig.

Zum Glück gibt es auch schöne, harmonische Momente, in denen alles wie in alten Zeiten zu sein scheint. Diese Momente gilt es zu auszukosten, um Kraft zu tanken. Sie können gut genutzt werden, um z. B. einen Spaziergang zu unternehmen oder alte Erinnerungen mit Hilfe eines Fotoalbums wachzurufen. Geistige Aktivitäten werden in jedem Fall sehr empfohlen, denn sie können den Krankheitsverlauf bis zu einem gewissen Grad verlangsamen.

Wegen des individuell sehr unterschiedlichen Verlaufs der Demenzerkrankungen mit sehr unterschiedlichen Symptomen gibt es allerdings kein allgemeingültiges Rezept für den Umgang mit den Patienten. Doch gerade am Anfang der Krankheit können nützliche Tipps helfen, wie z. B. sich über die Krankheitsform und deren Verlauf zu informieren und entsprechende Schulungen zu absolvieren, um für den weiteren Verlauf besser gewappnet zu sein. Somit kann man sich besser auf den Demenzkranken einstellen. Erleichternd können, je nach Stadium der Krankheit, auch sicherheitstechnische Maßnahmen (z. B. für Brandschutz oder Wasserschaden) in der Wohnung sein.

In einem fortgeschrittenen Stadium wird die demenzkranke Person nicht mehr in der Lage sein, rationale Entscheidungen selber zu treffen. Deshalb ist es wichtig, rechtzeitig (solange noch Geschäftstüchtigkeit besteht) die Entscheidungsbefugnis durch eine Vollmacht an eine Vertrauensperson zu übertragen. Andernfalls muss beim zuständigen Betreuungsgericht eine rechtliche Betreuung angefordert werden.

Allfällige Wünsche, welche die medizinische Versorgung bis zum Ende betreffen, sollten rechtzeitig in einer Patientenverfügung festgehalten werden.

 

Was sind die Vorteile einer professionellen Betreuung?

Die Betreuung eines Demenzkranken bringt mit Sicherheit sehr viele erfüllende Momente mit sich, aber bei allem guten Willen und Aufopferung der pflegenden Angehörigen kommt mit großer wahrscheinlich früher oder später der Moment, in dem professionelle Hilfe zur Unterstützung angebracht scheint. Sonst besteht die Gefahr, als Pflegender vor lauter Überforderung selber krank zu werden – was relativ häufig geschieht.

Daher gibt es zur Entlastung ein vielfältiges Angebot an professionellen Dienstleistungen. Die Vorteile sind neben der Entlastung v. a. die Sicherheit, dass der Patient medizinisch und psychologisch fachgerecht betreut und gepflegt wird, während sich die pflegenden Angehörigen auch mal anderen Dingen widmen können. Es gilt, die individuelle, optimale Betreuungs- und Pflegeformel zu finden. Oft besteht diese aus einer Kombination verschiedener Möglichkeiten, damit niemand zu sehr aus seinem Gleichgewicht gerät.

Auf jeden Fall empfiehlt es sich sehr, schon die ersten Anzeichen einer Überlastung oder Überforderung ernst zu nehmen und aus dem vielfältigen Angebot professioneller Unterstützung das passende in Anspruch zu nehmen.

Neben ambulanten Pflegediensten, die verschiedene Pflegetätigkeiten (nach Absprache) zu Hause übernehmen können, gibt es z. B.  auch Tagespflege-Einrichtungen für eine Betreuung und Pflege tagsüber oder Betreuungsgruppen für nur ein paar Stunden. Weiterhin gibt es Einrichtungen, die Kurzzeitpflege für einige Tage anbieten, wenn die Angehörigen beispielsweise mal im Urlaub sind. Und schließlich gibt es noch die ambulant betreute Wohngemeinschaft, die Selbstbestimmung im täglichen Leben mit der individuell benötigten Betreuung bietet, sowie den Pflegedienst zur ganzheitlichen Pflege und Betreuung bei sehr hohen Pflegebedürfnissen.

 

Wie hoch sind die Kosten?

Die Betreuung und Pflege von Demenzkranken ist sowohl anspruchsvoll als auch zeitintensiv und dementsprechend mit hohen Kosten verbunden.

Abhängig sind die Kosten vom Krankheitsverlauf und dem Pflegeaufwand. Bei Krankheitsbeginn kann die Betreuung geringer ausfallen und führt daher nicht zu so hohen kosten, sei es, dass die Pflege von Angehörigen übernommen wird und nur ausnahmsweise professionelle Unterstützung benötigt wird (z. B. in Betreuungsgruppen) oder dass ein ambulanter Pflegedienst regelmäßig für einzelne Pflegeleistungen hinzugezogen wird.

Ist die Demenz dagegen bereits sehr fortgeschritten und werden damit eine Rund-um-die-Uhr-Pflege eines ambulanten Pflegediensts und die stationäre Pflege notwendig, können monatlich mehrere Tausend Euro anfallen.

Hier ist es ratsam, diese Kosten über die Pflegeversicherung zu finanzieren bzw. teilweise zu finanzieren.

In diesem Artikel beschreiben wir, wie sie eine Pflegestufe beantragen können.

 

Was kann ich als Unterstützung erhalten?

Für einen Leistungsanspruch ist nicht die Diagnose oder die Schwere der Erkrankung, sondern der tatsächliche Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege entscheidend. Dies gilt auch für Demenzkranke. Aber da Demenzpatienten oft mehr betreut als gepflegt werden müssen, wird der geforderte Mindestaufwand von 90 Minuten Grundpflege für die Pflegestufe I teils nicht erreicht. Um dieser Problematik Rechnung zu tragen, wurde die Pflegestufe 0 eingeführt, bei der es um eine sogenannte eingeschränkte Alltagskompetenz geht und die vor allem Demenzkranken zu Gute kommt, die mehr Betreuung als Pflege benötigen.

Die Höhe der Leistungen ist abhängig von der Einstufung und von der Wahl, ob Pflegegeld oder Pflegesachleistung in Anspruch genommen wird.

Pflegegeld wird der pflegebedürftigen Person direkt ausgezahlt, damit die pflegebedingten Mehrkosten aufgefangen werden können bzw. damit eine selbst beschaffte Pflegekraft bezahlt werden kann.

Die Pflegesachleistung ist eine Kostenerstattung für Leistungen, wenn ein professioneller Pflegedienst in Anspruch genommen wird.

 

Pflegegeld und Pflegesachleistung je Pflegestufe

Pflegegeld und Pflegesachleistung je Pflegestufe

 

Zusätzlich zum Pflegegeld bzw. zur Pflegesachleistung können noch Mittel aus der Verhinderungspflege sowie Pflegehilfsmittel und Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds – 4000 Euro je Verbesserungsmaßnahme – in Anspruch genommen werden.

Damit sich die pflegenden Personen besonders bei hohem Betreuungsaufwand auch erholen können, sind zusätzliche Entlastungsangebote (z. B. Tagespflege oder Kurzzeitpflege) verfügbar. Je nach Betreuungsaufwand gibt es dafür monatlich bis zu 104 Euro (Grundbetrag) oder 208 Euro (erhöhter Betrag). Diese zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen müssen ebenfalls bei der Pflegekasse beantragt werden.

Die Zuzahlungen der Pflegekasse reichen vor allem im späteren Stadium der Krankheit nur für einen Teil der Pflegekosten aus. Für den Restbetrag müssen Versicherte selber aufkommen oder deren Angehörige, die grundsätzlich zum Unterhalt verpflichtet sind. Sind auch diese nicht in der Lage, gänzlich für die Restkosten aufkommen, springt das Sozialamt ein.

Um Leistungen von der Pflegekasse zu beziehen, muss in jedem Fall ein Antrag auf eine Pflegestufe bei der Pflegekasse gestellt werden.

 

Wie beantrage ich das?

Der Antrag auf eine Pflegestufe wird bei der Krankenkasse gestellt. Dies kann telefonisch, per E-Mail oder schriftlich erfolgen. Die Krankenkasse übergibt den Antrag anschließend an die Pflegekasse und diese beauftragt wiederum den MDK für eine Überprüfung der Situation.

Eine genaue Beschreibung dazu finden Sie unter: „Wie beantrage ich eine Pflegestufe?“

Der Antrag auf zusätzliche Entlastungsangebote wird ebenfalls bei der Pflegekasse gestellt. Dazu steht ein separates Formular bereit. Dabei wird geprüft, ob ein Anspruch auf den monatlichen Grundbetrag oder den erhöhten Betrag besteht.

Die erste Anlaufstelle ist in jedem Fall Ihre Krankenkasse. Sie kann Sie über den weiteren Verlauf am besten  informieren.

 

Fazit

Mit dem Alter eines Menschen wächst auch die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken. Zudem stellen Demenzerkrankungen eine der häufigsten Krankheiten im Alter dar. Aus diesem Grund ist es enorm wichtig, sich schon bei den ersten ernstzunehmenden Symptomen beim Arzt oder auch unverbindlich bei Selbsthilfegruppen über den möglichen Krankheitsverlauf zu informieren – sowohl als Betroffener als auch als Angehöriger. Obwohl es am Anfang schwierig sein mag, eine Diagnose zu akzeptieren, ist es für den weiteren Verlauf entscheidend, rechtzeitig eine Behandlung zu beginnen. Außerdem kann viel Leid vermieden und der weitere Verlauf positiv beeinflusst werden, indem Unterstützung, Betreuung und Pflege frühzeitig den Bedürfnissen aller Beteiligten (Patient und Angehörige) angepasst werden. Der Betreuungs- und Pflegebedarf steigt im Verlauf stetig an und es empfiehlt sich, schon bei den ersten Schwierigkeiten professionelle Unterstützung zu hinzuzuholen. Damit diese wenigstens zum Teil finanziert werden kann, muss bei der Pflegekasse ein Antrag auf eine Pflegestufe und/oder auf zusätzliche Entlastungsangebote gestellt werden. Die erste Anlaufstelle für alle Anliegen betreffs Leistungen bei Demenzerkrankungen ist die Krankenkasse oder die Pflegekasse, wo sie über alle nötigen Schritte informiert werden.

Für eine an Demenz erkrankte Person ist es sehr wichtig, Unterstützung von den Angehörigen zu erhalten, da es ihr vor allem am Anfang sehr schwer fällt, die Diagnose zu akzeptieren. Für die pflegenden Angehörigen kann es eine sehr anspruchsvolle, aber auch sehr erfüllende Aufgabe sein, die Betreuung im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu übernehmen.

Wichtig: Alle angaben ohne Gewähr. Bitte extra nachprüfen bei offiziellen Stellen. 

vita, July 08, 2016 | Veröffentlicht in Hilfe

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